Landgut Pretschen (Sascha Philipp)

Verborgen im Unterspreewald

»Und daß dem Netze dieser Spreekanäle
Nichts von dem Zauber von Venedig fehle,
Durchfurcht das endlos wirre Flußrevier.
In seinem Boot der Spreewalds-Gondolier.«
(T.F., 1881)

Mit diesen Zeilen reflektierte einst Theodor Fontane seine Reise in den Spreewald. Freilich, ist dieser Blick romantisch geprägt, doch etwas Wahres ist dran, wenn man eine Reise in den Unterspreewald unternimmt lockt die Begegnung mit romantisch anmutenden Bildern. Pretschen ist einer der prägnanten, sowohl typischen Orte Spreewaldnatur: Wälder, Wiesen, Felder und Kiefernschonungen zeichnen die Umgebungsstruktur des Dorfes aus. Dicht fließt hier die Pretschner Spree. Tatsächlich ist Pretschen eines der ältesten Dörfer der Niederlausitz und wurde bereits im Jahr 1004 in einer Schenkungsurkunde Heinrich II. benannt. Historische Anordnungen verdeutlichen, wie klar sich die Orte im Inneren unterteilen. Im Dorf liegen Wirtschaftshof, Herrenhaus sowie Park, um eine Einheit zu bilden. Diese Verschmelzung der Anlage ist repräsentativ für viele der kleineren Spreewalddörfer. Dass die Niederlausitz eine Kernregion der Sorben ist, spiegelt sich hier in den doppelten Ortsnamen wider. Noch heute trägt Pretschen den Zweitnamen »Mrocna«. Die 1000-jährige Geschichte kann bei einem kleinen Spaziergang durch den Ort anhand unterhaltsamer Hinweisschilder erforscht werden.

Das Landgut

Historisch war Pretschen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein der zentrale Ort des Spreewalds. Seitdem im Jahr 1999 das alte Landgut wieder auf Vordermann gebracht wurde, ist das heute auch wieder so. Sascha Phillip ist Eigentümer des Landguts. Als wichtiger Arbeitgeber gestaltet er die Dorfgemeinschaft aktiv mit. Ein modernes Landwirtschaftsunternehmen, wie in Pretschen, steht heute für »Bio«. Ökologischer Landbau bedeutet, umwelt- und ressourcenschonende Landwirtschaft zu betreiben, welcher sich am Prinzip der Nachhaltigkeit ausrichtet. Es werden schonende landwirtschaftliche Verfahren verwendet, die das dynamische Gefüge der Ökosysteme berücksichtigen. Mit der Arbeitsweise nach »Demeter-Richtlinien« hat Sascha Phillip einen Weg gefunden, seinen Hof wirtschaftlich rentabel zu gestalten.

Weitere Informationen:  Landgut Pretschen

Wie ist das mit »Bio«?

Ein »Wirtschaften im Einklang mit der Natur« beinhaltet, Pflanzenschutz ohne chemisch-synthetische Mittel zu betreiben und den überlegten Einsatz von Nützlingen voranzutreiben. Um bedachtsame Bodenpflege durchzuführen und Bodenfruchtbarkeit zu steigern, wird der Fokus auf natürliche Formen der Düngung, z.B. in Form von Mistkompost- und Gründüngung, gelegt. Außerdem ist eine intelligente Sortenwahl wichtig. Abwechslungsreiche Fruchtfolgen sind das Ziel. Bei der Tierhaltung, kommt es ferner nicht nur auf die artgerechte Haltung an, sondern auch darauf, dass die Tiere sich von hofeigenen Futter ernähren können, damit eine Kreislaufwirtschaft komplettiert wird.

Biologisch-Dynamisch

Alltäglich sind die Produkte mit den Bio-Siegeln in den Regalen der großen Supermarktketten geworden. Neben dem staatlichen Bio-Siegel, was eine Einhaltung der EG-Öko-Verordnung und regelmäßige Kontrollen garantiert, gehen die strengen Demeter- Richtlinien, welche Sascha Phillip verfolgt, noch darüber hinaus. Mit einer biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise verbindet sich das Verständnis, den Hof als zentralen Organismus zu betrachten. Sie ist insgesamt darauf ausgelegt die meisten Voraussetzungen, z.B. Futter, für sich selbst zu schaffen. Damit wird die nachhaltigste Form der Landwirtschaft geschaffen und die Bodenqualität gesteigert. Ein unternehmerisches Netzwerk zwischen Erzeugern auf Höfen, Verarbeitern und Händlern entsteht, damit die Produkte, entsprechend der Richtlinien, effizient vertrieben werden können. Heute gibt es in Deutschland 1400 Landwirte, die nach biologisch-dynamisch Demeter- Richtlinie arbeiten.

Demeter-Verband

Seinen Namen hat der Demeter-Verband von der griechischen Fruchtbarkeitsgöttin erhalten. Anfängliche Ideen zur Umsetzung einer ökologischen Landwirtschaft wurden bereits in den 1920er Jahren aufgeworfen. Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, hielt zum Pfingstfest 1924 im schlesischen Koberwitz acht Vorträge mit dem Titel »Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft«. Darin kommt der Ansatz für einen einheitlichen landwirtschaftlichen Organismus auf, worin physische Stoffe als »Träger geistiger Kräfte« betrachtet werden. D.h. eine materialistische Anschauung wird hier mit geistiger Sichtweise ergänzt. Angaben zu Verhältnissen zwischen Feld-, Obstwirtschaft, Tierhaltung und sinnvoller Düngung wurden preisgegeben, damit die Qualität der Nahrungserzeugnisse gesteigert werden sollte. Nach den strengen Maßregeln Steiners, richtet sich der Demeter-Verband heute aus.

Weitere Informationen:  Demeter-Verband

Chicorée – Ein Wintergemüse

Die Chicorée-Treiberei des Landgut Pretschen orientiert sich an den Demeter-Richtlinien. Als eine relativ junge Pflanze ist der Chicorée seit dem 19. Jahrhundert bekannt. Er wurde in Belgien entdeckt, als man zufällig Wurzelzichorien knospen ließ, welche man bis dato als Kaffee-Ersatz verwendete. Dass die kräftigen Blattknospen der Wurzeln einen wohlschmeckenden, edelbitteren Wintersalat ergaben, fand man schnell heraus. So wurde das Gemüse 1873 auf der internationalen Gartenausstellung vorgestellt und erlangte länderübergreifenden Bekanntheitsgrad. Um den Chicorée mit hohen Erträgen anzubauen, sind spezielle Bedingungen gefragt. Im Herbst werden die Blätter von den Pflanzen geschnitten und drei Wochen gekühlt. Die Wurzelknospen werden in der dunklen Treiberei bei frühlingshaften 15 bis 20 Grad Celsius angetrieben, bis der Chicorée ausreichend groß ist.